KINDERWUNSCH – TEIL 7 – Die Diagnose

Wieder mal saßen wir im Auto, stumm nebeneinander her.

Was gab es jetzt auch groß zu besprechen?

Wir mussten erst mal abwarten bis die Blutbefunde ausgewertet wurden.

Das bedeutete für uns ganze 4 Tage wie auf Nadeln zu sitzen.

Denn wir hatten wirklich mit fast allem gerechnet, nur damit dann doch so überhaupt nicht.

Ich gehe doch regelmäßig zum Frauenarzt zur Kontrolle, dachte ich. Kann sich so etwas in so kurzer Zeit bilden? Oder wurden sie davor einfach nicht bemerkt.

Die Rede war von Polypen, die der Ärztin verdächtig vorkamen.

Sie will mich nicht verrückt machen, hieß es, aber wir müssen auf jeden Fall abklären ob sich da eh nichts Bösartiges eingeschlichen hat.

Bei dem Wort bösartig schrillen bei mir natürlich die Alarmglocken. So zitterte doch meine Mama viele, viele Tage nachdem bei ihr ein Melanom entdeckt wurde.

Ich nur so: Was kann das jetzt im schlimmsten Fall bedeuten?

Die Ärztin so: Gebärmutterhalskrebs, aber wollen wir mal nicht den Teufel an die Wand malen und warten erst mal auf das Befundergebnis.

Leichter gesagt als getan.

Die ersten Stunden nachdem sie ihren Verdacht ausgesprochen hatte, befand ich mich in der Schockstarre. Ich wusste mal wieder nichts mit mir selbst anzufangen. Ich begann den Geschirrspüler einzuräumen um zwei Minuten später wieder damit aufzuhören und mich auf die Couch zu setzen. Doch auch einfach auf der Couch sitzen fühlte sich nicht gut an. Ich blickte zu Alex, der tief versunken in sein Handy schaute. Ich ahnte schon was er tat. Und ich war kurz davor es auch zu tun. Wir wissen alle, es ist nicht besonders gescheit, aber wenn man nicht gerade jemanden mit der Prognose oder dem Verdacht kennt, wen soll man denn dann sonst fragen?

Wir fragten also beide Dr.Google und Dr.Forum.

Die beiden beruhigten und besorgten zugleich. So wie das in dieser Online Welt meistens der Fall ist.

Dann plötzlich, traf es mich wie den Blitz.

Was ist denn dann mit dem Baby? Mit meinem Zwerg? Mit meinem Zwucki, meinem Würmchen?

Was bedeutet es für dieses kleine Wesen in dem Bauch einer so kranken Mama zu wohnen? Wie stehen seine Chancen? Ist es in großer Gefahr?

Und dann führte eines zum anderen und ich stellte mir vor, dass dieses Wesen auf die Welt kommen würde und eine Mama hätte, die sich nicht kümmern könnte. Die zu krank dafür wäre. Die es vielleicht nicht schaffen würde und den kleinen Wurm und Papa alleine lassen würde.

Mehr hab ich nicht mehr gebraucht. Der Abend war gelaufen, ich ging ins Schlafzimmer damit Alex mich nicht sehen konnte und heulte Rotz und Wasser.

Das ist übrigens eine ganz komische Angewohnheit von mir. Ich weine eher selten, aber wenn ich weinen muss, dann will ich, dass mich keiner dabei sieht. Und schon gar nicht will ich dann mitleidige Blicke. Vielleicht deshalb, weil ich das Weinen selbst an mir eigenartig finde und dabei selbst immer wieder absetze und mich frage was ich da eigentlich treibe.

Aber Alex wäre nicht Alex, wenn er den Braten nicht riechen würde. Auch wenn meistens erst sehr spät.

Er blickte ins Schlafzimmer, kam zu mir und sagte: Baby!

Das reicht dann meistens dafür, dass ich mich überhaupt nicht mehr einkriege. Das einzige was mich aus dieser Situation herausreißt sind zwei Dinge.

Zum einen beginnt meine Nase zu laufen und ich bitte um ein Taschentuch, zum anderen muss ich meine Kontaktlinsen herausnehmen, weil sie unangenehm werden. Spätestens wenn Alex dann sagt: Baby, du musst deine Augen rausnehmen, beginnen wir beide blöd zu lachen. Wie zwei Teenies. So witzig ist es eigentlich gar nicht, aber wir haben so unseren Schmäh. Einmal die Linsen draußen, beginnt sogleich die nächste belustigende Situation. Ich beginne meine Brille zu suchen, allerdings vergebens, weil ich zu diesem Zeitpunkt ja kaum noch etwas sehe. Ich tapse durch’s Bad, suche in allen Schubladen, bis Alex mir die Brille mit den Worten: sie lag direkt vor deiner Nase, in die Hand drückt und wir beide einen Lachanfall bekommen.

Ich werde doch so oft gefragt, wie ich denn so positiv sein kann bzw. bleiben konnte, nach allem was uns passiert ist.

Hier habt ihr die Antwort: Es sind diese Alltagssituationen mit meinem Mann, die mich aus meiner Bedrücktheit, manchmal auch aus meiner depressiven Grundstimmung herausholen. Wir müssen nichts weiter tun, als die besonderen und einzigartigen Momente zwischen uns zu erkennen und zu erleben. Und uns voll auf sie einzulassen. Es ist eine Verbundenheit zwischen uns, die ich nicht in Worte fassen kann, die sich aber so anfühlt als wäre sie schon immer da gewesen. Wir sagen uns nicht ständig, dass wir uns lieben, wir machen uns nicht andauernd Geschenke, aber wir schenken dem anderen ein Lächeln auch wenn dieser nicht mehr glaubt dazu in der Lage zu sein. Wir lachen für den anderen mit, damit dieser sich besser fühlt. Wir geben dem anderen Kraft, auch wenn wir sie in Wirklichkeit gar nicht mehr selbst haben.

Eng umschlungen schliefen wir ein.

Schon am nächsten Tag hielt ich meine Reaktion des Vortages für übertrieben und versuchte mich wieder mehr auf die normalen Dinge des Lebens zu fokussieren. Wie arbeiten uns so J

Die nächsten Tage verliefen natürlich nicht komplett sorgenfrei, aber ich sagte mir immer wieder: Es wird schon nichts sein, ich hätte doch schon Anzeichen gespürt, wenn ich so krank wäre.

4 Tage später kam dann endlich das Ergebnis und der lang herbeigesehnte Anruf.

Alles war gut, der Verdacht hatte sich nicht bestätigt. Ich war gesund, man müsse nur die Polypen im Auge behalten und diese regelmäßig kontrollieren. Das ist alles.

Ich blickte auf meine kleine Babykugel, streichelte sie und sagte ihr: Siehst du, alles ist gut mein kleiner Schatz. Mama ist da, wird immer für dich da sein und sich gut um dich kümmern.

14 Gedanken zu “KINDERWUNSCH – TEIL 7 – Die Diagnose

  1. ❤️ Maa weine schon wieder in der Arbeit 😊 danke für eure Geschichte, schön dass Zwuck da ist und ganz bald liegt Zwuckiline auch bei euch im Arm 😍😂

  2. Alle Teile gerade gelesen und konnte fast gar nicht lesen bei meiner verschwommenen Sicht vor lauter Tränen, die sich in meinen Augen sammeln. Man fiebert so mit, obwohl man ja schon weiß, dass es doch ein gutes Ende hat❤ so toll geschrieben ❤

  3. Ach herje 😭, ja da kommen einem wirklich dieTränen.
    Da fängt der ganze Körper ins Zittern an. Aber letzten Ende ist ja wieder alles gut 😅😅😅 Gott sei Dank…. So schön 😍😍😍😍. Danke für die ehrlichen Worte

  4. Ich habe kurz auf der Arbeit mal reingelesen, musste dann abbrechen, weil mir die Tränen 😭 kamen.
    Ihr seid ein tolles Paar und eine tolle Familie.

  5. Ich möchte immer weiter lesen!! Dieses Talent hast du sicher von deinem Vater. Es ist so so so gut geschrieben! Ich freue mich auf weitere Teile – Du starke Frau! 😊

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