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Haushalt bei den Instagram Künstlern!

Gastbeitrag Zwuckopa

Als der Zwuckopa in die Wohnung seiner Tochter, der Zwuckmama kommt, stößt er auf dem Gang, der von der Eingangstür zum Wohnzimmer führt, auf ein unentwirrbares Knäul von Straßenschuhen, Hausschuhen, Sporttaschen, Säcken mit gebrauchten Windeln, Einkaufskörben und ähnlichem Kram.

„Durchwursteln muss man sich bei euch…“

Eigentlich spricht ihr Vater diesen Satz nicht so wortwörtlich aus, sondern murmelt nur etwas Derartiges in seinen Bart. Aber seine Tochter liest es an seinem Gesichtsausdruck ab. Wenn ihrem Vater etwas nicht gefällt, bekommen seine Gesichtszüge etwas vom Ausdruck des gemeinsamen Hundes Tommy. Gemeint ist natürlich nicht dessen Gesicht, sondern das ausdruckstärkste Körperteil an ihm – sein Gesäß.

Am besten merkt man diese Verwandlung beim Hund, wenn der Rabe Jimmy wieder an der Dachkante des Hauses gelandet ist. Tommy erkennt ihn am weißen Fleck an der Brust, besonders aber daran, dass er trotz starken Anbellens keine Anstalten macht wegzufliegen; sondern nur blöd hinunter in den Garten schaut. Das bringt Tommy zum Schäumen. Was passiert dabei? Der Körper des Rüden wird starr und die Rute steht steil nach oben während die nach hinten, in Kampfhaltung gestreckten Oberschenkel seine Gesäßbacken wie zwei Halbmonde erscheinen lassen.

Wenn man sich jetzt das Gesicht vom Opa ansieht, wie er sich über das Durcheinander im überfüllten Haushalt seiner Tochter ärgert, so erkennt man mit etwas Fantasie die beiden Halbmonde und die Rute wieder. Seine Nase wirkt um ein paar Millimeter länger und die Nasenspitze scheint wie bei Pinocchio nach oben zu zeigen.

„Erst vorgestern habe ich aufgeräumt.“ – versucht die mit ihrem Handy beschäftigte Tochter eine Entschuldigung zu formulieren.

„Haushalt von Instagram Künstlern halt“ fällt ihr der Vater ins Wort, doch seine Stimme ist überraschend heiter. Kein Wunder! Denn inzwischen ist er zur Raummitte geschritten, wo von der Decke die Wippe hängt, in der die zwei Monate alte Enkelin drinnen liegt.

Da gerät Opa in eine Art mystische Versenkung: Bei der Betrachtung des Kindes bedecken sich seine Augen mit einer dünnen, für unbeteiligte Dritte unsichtbaren Schicht, und er lächelt verzückt, wie vermutlich auch die drei Könige bei der Betrachtung des Jesuskinds im Stall von Bethlehem.

Kurz danach springt der Zwuckopa aus der mystischen Versenkung heraus, um gleich in choreographische Verzückung zu geraten. Er nimmt das Baby auf den Arm und beginnt in schleifenden, von Hüftbewegungen begleiteten Schritten Cha-Cha-Cha zu tanzen, nach einer von ihm selbst vorgesungenen Melodie.

„Hör zu, Zwuckine. Wenn du mal in 14 Jahren in die Disco willst und deine Eltern kein Geld herausrücken wollen, dann komm zu Opa! Wir gehen zusammen in die Disco und tanzen gemeinsam, auch wenn ich dann vielleicht schon Knieprothesen hab! Cha-Cha-Cha bringe ich dir bei, das ist doch kokett, nicht so psychedelische Musik, zu der man heute tanzt! Schau so… Cha-Cha-Cha.“

In seinem choreographischen Überschwang stößt er nun mit seinem Fuß gegen ein paar auf dem Boden herumstehende, leere Kartons. Das versetzt den Zwuckopa offensichtlich in den anfänglichen Raunzermodus zurück: Sein Gesicht ähnelt wieder dem ausdrucksvollen Hintern des Familienhundes, wenn er den Raben Jimmy am Hausdach erblickt. Der Opa setzt Zwuckine in ihrer Wippe ab, schnappt sich aus dem Vorzimmerschrank den Haustorschlüssel und marschiert vollbepackt Richtung Mülltonne. Die Tochter sagt nichts dazu, wozu auch? Wenn es keine Kartons sind, dann sind es Plastiksäcke mit gebrauchten Windeln, oder mit Speiseresten oder leeren Flaschen – ihr Vater findet immer etwas, das dringend entsorgt werden muss, wenn er auf einen Sprung bei ihr ist.

Nun ruft die Zwuckoma am Handy an.

„Hallo, Iulia ist der Opa da? …unterwegs zum Müll? Na, selbstverständlich! Da kann ich dir schnell was erzählen…Horch zu! Dein Vater hat in meiner Abwesenheit die Trennwand zwischen den zwei Zimmern im Parterre einfach abgetragen! Wahnsinn, oder? Damit der Eingangsbereich wie eine Hotellobby ausschaut, sagt er.- Weißt du, was ich glaube? Er rutscht immer mehr in die Rolle des Kofferträgers im Luxushotel, wo er vor dreißig Jahren gearbeitet hat zurück! Sonst kann ich mir das nicht erklären!“

„Okay, ciao Mama, reden wir ein anderes Mal darüber!“ legt Iulia auf, denn der Zwuckopa kommt gerade mit dem Ausdruck erfüllter Pflicht von der Mülltonne zurück. Zunächst schreitet er wieder zur Wippe und schaukelt das Baby im Rhythmus eines transsilvanischen Liedes. Da bleibt sein umherschweifender Blick an der Trennwand zwischen dem Wohnzimmer und dem Vorzimmer hängen. Er steht auf und schreitet ganz langsam, wie auf vier Pfoten, hin. Die Nase wirkt dabei um ein paar Millimeter länger und leicht nach oben zeigend!

Die Tochter bekommt plötzlich kalte Füße. Sie stürzt zum Vorzimmer und stellt sich mit ausgebreiteten Armen schützend vor die Wand, wie Andromache, die Gattin von Hector sich vor die Haustür stellte, als dieser sich Entschloss im Zweikampf gegen Achilles vor den Mauern Trojas anzutreten!

„Nein Papa, diese Wand bleibt ein für allemal hier“!

Der Zwuckopa macht große Augen, dann kehrt er mit hängendem Kopf und einem verlegenen Lächeln zur Wippe zurück.

„Nicht wahr Zwuckine? Was kann man von diesen Instagram Künstlern schon erwarten? Die sind doch nie in der Empfangshalle eines Luxushotels als Kofferträger gestanden. Aber der Opa schon, vor vielen Jahren. Als deine Mama ganz klein war und Oma und Opa kein Geld hatten, hat der Opa eine Stelle in einem Luxushotel bekommen…

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